Als Dichter und Kunstkritiker bekannte Heinrich Heine sich stets zu einer subjektiven, politisch engagierten Kunstauffassung; das klassizistische Idealisierungsgebot sowie die Trennung von Kunst und Wirklichkeit lehnte er strikt ab. Als er sich bei seiner Übersiedlung nach Paris im Jahre 1831 jedoch mit einer Flut von politischen Bildsatiren auf die Juli-Monarchie unter Louis- Philippe von Orléans konfrontiert sah, äußerte er wiederholt sein Missfallen an den Druckgrafiken, welche den Bürgerkönig drastisch für seine nicht eingehaltenen Versprechungen kritisierten und ihn häufig in Gestalt einer Birne darstellten. Nichtsdestoweniger weist seine eigene Berichterstattung über die Französischen Zustände für die Augsburger Allgemeine Zeitung vielfältige inhaltliche und formelle Parallelen zu den gleichzeitig erscheinenden Bildsatiren auf. Der Beitrag zeigt, dass Heine und die französischen Karikaturisten nicht nur Themen und Ansichten teilten, sondern sich auch ganz ähnlicher Methoden zur Zensurvermeidung bedienten. Bestanden letztere maßgeblich im Spiel mit objektiven Fakten und subjektiver Auslegung sowie in der Simulation und Dissimulation von Privatmeinungen, ist auch Heines demonstrative Ablehnung der Bildsatiren nichts weiter als ein taktischer Kunstgriff, zumal die Grafiken nicht selten als Vehikel seiner eigenen Kritik fungierten.
Relation:
Interplay: A Journal of Languages, Linguistics, and Literature
Textmaskerade und Bildchiffrierung. Thematische und methodische Beziehungen zwischen Heines Französischen Zuständen und den Bildsatiren der Caricature.pdf